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Schriftstellerische
Ambitionen

 

Seit Jahren schreibe ich. Nachdem sämtliche Verwandte, Bekannte und Nachbarn mich überschwenglich lobten, wenn sie bei Einladungen vor Freigabe des Buffets meine Texte vorgelesen bekamen, gewann ich Selbstvertrauen und versuche seither meine literarischen Meisterwerke zu veröffentlichen.

Schon bald musste ich meine Schrankwand ausgeräumen, altes Porzellan und meine Schallplattensammlung auf dem Flohmark verhökern, um Platz für meine Ablage zu schaffen. In einem Regal häufen sich die nicht veröffentlichten Manuskripte, in dem anderen die Absagebriefe. Ganze Ordner fülle ich inzwischen mit diesen Briefen. Ich hefte sie nach Inhalt und Stil ab. Da sind zum einen die nichtssagenden Formbriefe. Teilweise schon richtig komisch in ihrer stereotypen Aussage, die häufig so völlig daneben liegt. Andere liebevoll individuell. Voller Lob wegen des guten Aufbaues, des hervorragenden Stils und der originellen Idee. Aber leider, leider passt der Text nicht in das Programm ...

Dann wieder die Briefe, die kein gutes Haar am Manuskript lassen. Mit dem Hintergedanken, einen weiteren, völlig talentfreien, angehenden Schreiberling von Redakteuren und Lektoren fernzuhalten. Inzwischen opfere ich meine gesamte Zeit dem Dichten, gab meinen gut bezahlten Job auf, besitze keinen Pfennig mehr, habe die letzten Bekannten vergrault und verzichte auf alle Hobbys. Das Schreiben beherrscht mich vollkommen, wie eine Sucht.

Völlig verzweifelt denke ich schon an Selbstmord. Im letzten Augenblick klappert der Briefträger an der Tür. Unglaublich! Die lang ersehnte Zusage. Sie hält mich von der Verzweiflungstat ab. Mein Manuskript gefällt, Stil und Aussage sind zukunftsweisend, und sie würden meinen Siebenhundert-Seiten-Roman gerne drucken. Juhu! Endlich hat einer mein Genie erkannt. Ich liebe ihn dafür. Singend tanze ich durch das Zimmer. Krame hinter den vielen Ordnern mit den Absagen eine versteckte Flasche Sekt hervor. Schüttelnd öffne ich sie. Mit einem lauten Knall fliegt der Korken heraus, der Sekt schäumt über. Ich bade in ihm, dann trinke ich aus der Flasche. Iiii, er schmeckt wie Essig. Zum Glück tropft der größte Teil von der Decke.

Dann lese ich den Brief noch einmal, diesmal auch den Schluss: "Leider lässt sich Belletristik ohne eine Beteiligung von Seiten des Autors an den Druckkosten nicht realisieren. Deshalb würden wir Sie gern in unseren Verlagsräumen begrüßen, wo wir alles persönlich besprechen könnten."

Geschockt falle ich in Ohnmacht.

Annette Paul